Umgang mit der Krise
Unser gesellschaftliches und wirtschaftliches Miteinander wird derzeit durch das Coronavirus vollständig durcheinander geworfen. Sowohl im privaten als auch im beruflichen Leben ist derzeit nicht an einen normalen Alltag zu denken. Gerade für den Handel stellt die derzeitige Situation eine große Herausforderung dar, die Dauer und das Ausmaß der Belastung sind noch nicht absehbar.
Umso wichtiger ist es nun, den Kunden zu überzeugen, den regionalen stationären Handel auch jetzt und vor allem in der Zeit nach der Krise intensiv zu unterstützen. Auch ohne eigenen Onlineshop bieten verschiedene Unternehmen bereits jetzt kreative Lösungen, um mit den Kunden in Kontakt zu bleiben und Waren trotz geschlossener Ladengeschäfte an die Frau oder den Mann zu bringen. Immer mehr Verbände und Kommunen bieten zudem Informationen zu aktuellen Möglichkeiten regional einzukaufen. So zum Beispiel das City-Marketing-Passau.
Das Mittelstand4.0-Kompetenzzentrum Handel bietet am 26.03.2020 um 10.00 Uhr ein kostenfreies Webinar an, bei dem kreative Möglichkeiten des Handels in Zeiten der Krise vorgestellt und diskutiert werden.
Details sowie die Anmeldung zum Webinar finden Sie auf der Seite des Kompetenzzentrums.
Was kommt danach - die Zeit nach der Krise
Auch wenn Dauer und Auswirkungen der derzeitigen Ausnahmesituation noch schwer abschätzbar sind, ist gewiss, dass auch wieder eine Zeit nach der Coronakrise kommen wird. Die Zukunftsinstituts GmbH hat sich bereits jetzt Gedanken über mögliche Szenarien nach der Krise gemacht. Die vier Szenarien sind teilweise sehr überspitzt dargestellt. Dennoch möchten wir sie hier kurz vorstellen, da verschiedene Aspekte daraus Ableitungen für die zukünftige Gestaltung des Handels ermöglichen.
1 Die totale Isolation - Alle gegen alle
Die derzeitige Situation wird zur Normalität: Ausreise ist nur mit Genehmigung oder außerhalb der EU mit einem aufwendigen Visum möglich. Für die Grundversorgung werden Handelsabkommen zwischen einzelnen Staaten geschlossen, ein globaler Handel existiert nicht mehr.
Sicherheit ist in diesem Szenario der Megatrend: die Super-Safe-Society. Wir definieren uns über unsere Nation und der Staat versucht uns zu beschützen. Dazu werden auch Mittel, wie das Schüren von Ängsten und die künstliche Verknappung von Lebensmitteln, eingesetzt.
Hinzu kommt eine generelle Angst vor Bazillen und Viren. Dadurch wird auch der Import fremder Produkte immer mehr beschränkt und regionale Produkte gewinnen an Bedeutung. Außerdem wird die Großstadt unattraktiv, immer mehr Leute ziehen aufs Land, es kommt zur Desurbanisierung und dem Rückzug ins Private. Öffentliche Orte wie Restaurants und Cafés verlieren komplett an Wichtigkeit - die einzige Möglichkeit für Gastronomie ist hygienischer und regionaler Lieferservice.
Auch die öffentlichen Verkehrsmittel verlieren durch die mögliche Keimgefahr an Bedeutung und das eigene Auto erlebt ein Comeback.
2 System-Crash: Permanenter Krisenmodus
Das zweite Szenario ist von der Angst vor einer neuen Pandemie geprägt. Jede kleine lokale Verbreitung eines Virus führt zu drastischen Maßnahmen und es herrscht ein dauerhafter Spannungszustand.
Niemand glaubt mehr an internationale Zusammenarbeit und Neo-Nationalismus nimmt zu. Globale Metropolen sind jetzt als Knotenpunkte der Globalisierung die angespanntesten Orte der Welt. Es herrschen Spannungen zwischen Neo-Regionalität, nationalen/internationalen Finanzen, Dienstleistungs- und Warenströmen.
Auch Cybercrime, vor allem im staatlichen Kontext, Big Data und Künstliche Intelligenz sind zentrale Themen in diesem Szenario. Diese Technologien verwendet der Staat auch zur Überwachung nach innen (predictive analytics) und zur Generierung von Gesundheitsdaten. Dadurch entsteht in der Gesellschaft ein Dauergefühl der Unsicherheit. Privatsphäre und Datenschutz gehören der Vergangenheit an. Digital Health und Selftracking spielen aber auch für die Individuen selbst eine wichtige Rolle.
Die internationale Mobilität ist weiterhin mit Schwierigkeiten verbunden und stellt vor allem für die Tourismus- und Transportbranche ein großes Problem dar.
3 Neo-Tribes: Der Rückzug ins Private
Lokale und regionale Strukturen werden wieder wichtiger und es kommt zur Rückbesinnung auf Familie, Haus und Hof und zu einem generellen Rückzug ins Private und Häusliche. Es bilden sich feste Strukturen in der Nachbarschaftshilfe und die Menschen ziehen in kleinere Städte oder aufs Land. Statt auf öffentliche Verkehrsmittel wird auf Fahrräder und E-Roller zurückgegriffen, da alles im lokalen Umkreis stattfindet. Diese Entwicklungen sind vor allem von der Angst vor Keimen und Ansteckung geprägt. Die Menschen kaufen lokal ein und auch das Handwerk erlebt einen Aufschwung. Man spricht von der sogenannten Re-Regionalisierung.
Es entsteht eine Wir-Kultur, die aber nur noch im lokalen Kontext gedacht wird. Es kommt zur Abkehr von einer globalen Weltgemeinschaft und zur vermehrten Bildung von NeoTribes.
Des Weiteren findet De-Touristification statt und Reisen ist durch viele Vorsichtsmaßnahmen und aufwendige Planung nicht mehr selbstverständlich, sondern wird wieder zu etwas Besonderem.
Durch die Krise werden außerdem die New-Work-Trends angetrieben. Die Arbeitskultur gestaltet sich flexibler, Home-Office wird ein fester Bestandteil des Arbeitslebens und Meetings werden mit virtuell abgehalten.
4 Adaption: Die resiliente Gesellschaft
Diese Zukunftsvision lässt die Gesellschaft gestärkt aus der Krise hervorgehen. Durch das gemeinsame Überstehen dieser Zeit ergibt sich ein neuer und besserer, achtsamer Umgang miteinander. Wir sind flexibler und können uns besser an Gegebenheiten anpassen.
Die Weltwirtschaft wächst zwar weiter, aber langsamer, weshalb Unternehmen unabhängiger vom Wachstum werden müssen. Insgesamt entwickelt sich das Wirtschaftssystem in eine gesündere und nachhaltigere Richtung, sodass eine Gegenbewegung zu Massenkonsum und Wegwerf-Mentalität entsteht.
Lokale und regionale Produkte sowie der stationäre Handel erfahren einen Aufschwung und es ergibt sich so ein Gleichgewicht zwischen lokalem und globalem Handel, als auch eine sinnvolle Balance zwischen online und offline.
Auch das Gesundheitsverständnis verändert sich. Gesundheit wird nicht mehr als etwas Individuelles, sondern ganzheitlicher betrachtet. Dadurch kommt es zu Veränderungen im gesamten Gesundheitssystem und es wird zum obersten Ziel, gesunde Umwelten für alle zu schaffen.
Nach der Krise wird deutlich, dass Epidemien vor Nationalgrenzen keinen Halt machen und man solche Herausforderungen gemeinsam lösen muss. Deshalb wird nun mehr auf internationaler Ebene gedacht und es entsteht eine globale Identität.
Die Auswirkungen der Krise zeigen sich auch in den Medien. Es wird nun konstruktiver Journalismus betrieben, statt Fake News und Panik zu verbreiten. Es entsteht also eine Gesellschaft, die weiß, wie sie mit Krisen umgehen kann.
Was bedeutet dies nun für die Zukunft des Handels?
Zunächst ist noch einmal anzumerken, dass die einzelnen Szenarien teilweise polemisch dargestellt werden, da sie ein emotionales Bild vermitteln sollen und so die Möglichkeit bieten, verschiedene Zukunftszenarien auszuprobieren. In der Realität wird wohl eine Mischung der Szenarien eintreten.
Trotz alledem lassen sich aus den vorgestellten Szenarien Punkte herausarbeiten, die für den Handel in der Zukunft nach der Krise relevant sein können.
Durch die Angst vor Ansteckung und Keimen werden Konzepte wie kontaktloses Bezahlen sowie Liefer- und Abholservices immer mehr zum Thema. Auch Vertriebswege außerhalb des klassischen Verkaufs im stationären Geschäft werden zunehmend an Bedeutung gewinnen und ermöglichen einen flexibleren Umgang mit Kunden.
Die Zukunftsszenarien zeigen zudem eine deutliche Tendenz zu regionalen Produkten, wobei der lokale Handel profitieren und der globale Handel sich verändern wird.
Quelle: Zukunftsinstitut GmbH (2020) - Zukunftsinstitut White Paper: Der Corona-Effekt - Vier Zukunftsszenarien. Online unter: https://www.zukunftsinstitut.de/fileadmin/user_upload/Whitepaper-Der-Corona-Effekt-Zukunftsinstitut.pdf